Die grüne Alchemie: Die Umwandlung von Treibhausgasen in Hartkohlenstoff

Die globale Erwärmung und ihre dramatischen Auswirkungen sind längst keine ferne Zukunftsmusik mehr, sondern eine harte Realität. Während die Welt mit steigenden Temperaturen und ihren zerstörerischen Konsequenzen ringt, suchen Wissenschaftler fieberhaft nach Lösungen, um den Anstieg der Treibhausgasemissionen zu bekämpfen und deren Auswirkungen zu minimieren. Ein vielversprechender Ansatz in diesem Kampf sind die sogenannten negativen Emissionstechnologien (NETs), die darauf abzielen, das klimaschädliche CO2 direkt aus der Atmosphäre zu entfernen und sicher zu speichern. Doch wie genau funktioniert das, und was macht diese Technologien so besonders?

Der Aufstieg der NETs

Negative Emissionstechnologien reichen von biologischen Verfahren, bei denen CO2 in Biomasse umgewandelt wird, bis hin zu fortschrittlichen chemischen und elektrochemischen Prozessen, die CO2 in langfristig stabile Materialien wie Hartkohlenstoff verwandeln. Diese Technologien bieten einen Lichtblick, da sie nicht nur CO2 effektiv einfangen, sondern dieses auch in nützliche Produkte umwandeln können.

Die Herausforderung der CO2-Speicherung

Die Speicherung von CO2 in Form von Oxalaten oder anderen stabilen Materialien ist jedoch nicht ohne Herausforderungen. Viele der bestehenden Verfahren erfordern hohen Druck, spezielle chemische Reagenzien und sind technisch aufwendig. Hinzu kommt die Forderung, dass die Verfahren nachhaltig sein und in großem Maßstab umsetzbar sein müssen, um einen signifikanten Einfluss auf die Reduktion der globalen CO2-Emissionen zu haben.

Ein Durchbruch mit Ceriumdioxid

Eine jüngste Entdeckung hat die Aufmerksamkeit auf ein besonderes Material gelenkt: Ceriumdioxid (CeO2), das die Fähigkeit besitzt, CO2 elektrochemisch in Hartkohlenstoff umzuwandeln. Diese Entdeckung könnte ein Game-Changer sein, da Hartkohlenstoff vielseitig verwendbar ist und die Umwandlung einen direkten Weg bietet, CO2 aus der Atmosphäre zu entfernen.

Einsatz von Computermodellierung zur Analyse der CeO2-CO2-Reaktion

Um zu verstehen, wie CeO2 und CO2 miteinander interagieren, haben Wissenschaftler der Universität Ulm Computerberechnungen mit einer Methode namens Dichtefunktionaltheorie (DFT) durchgeführt. Sie haben spezielle mathematische Formeln verwendet, um die Kräfte zwischen Atomen genauer zu berechnen, und haben zusätzliche Anpassungen (genannt Hubbard U) vorgenommen, um die Genauigkeit weiter zu verbessern, besonders für die Eigenschaften von CeO2. Sie stießen jedoch auf Schwierigkeiten, als sie versuchten, die Effekte von Flüssigkeiten in ihren Simulationen zu berücksichtigen, was in der realen Welt wichtig ist. Diese Probleme konnten nicht gelöst werden, also haben sie beschlossen, in einem ersten Schritt anzunehmen, dass die Reaktionen nur in der Gasform stattfinden. Diese Vereinfachung ist üblich und liefert trotzdem nützliche Informationen über die Reaktionen.

Wichtigkeit von pKa-Werten für die CO2-Umwandlung

Forscher haben erkannt, dass das Verhalten von CO2 in verschiedenen Lösungsmitteln, insbesondere die Säuredissoziationskonstanten (pKa-Werte), entscheidend für dessen effektive Umwandlung ist. Speziell in nicht-wässrigen Lösungsmitteln wie DMF -ein übliches Lösungsmittel bei der CO2-Reduktion- müssen neue Berechnungsmethoden angewendet werden, um die pKa-Werte genau zu bestimmen.

Was CeO2 so besonders macht

CeO2 Oberflächen zeigen ihre wahre Stärke bei katalytischen Reaktionen besonders in ihrer sogenannten (110) Kristallorientierung. Hier neigt die Oberfläche dazu, Sauerstoffdefekte zu bilden – kleine Lücken, die sich als perfekte Andockstellen für CO2 erweisen. Bei bestimmten Spannungen können bis zu 25% der Sauerstoffatome auf der Oberfläche entfernt werden, was CeO2 zu einem idealen Kandidaten für die CO2-Reduktion macht.

Der innovative Weg von CO2 zu festem Kohlenstoff

Alles beginnt mit dem Kettenstart, bei dem CO2 durch Bindung an Sauerstofflücken auf der Oberfläche von CeO2 aktiviert wird. Diese erste Verbindung ändert die chemische Struktur von CO2 und macht es bereit für die Bildung von Kohlenstoffketten. Im nächsten Schritt, der Kettenfortführung, koppelt sich das aktivierte CO2 mit anderen Molekülen zu längeren Ketten zusammen. Dabei entstehen neue Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen aus zwei CO2-Molekülen. Die anschließende Kettenverknüpfung ermöglicht die Bildung größerer und komplexerer Strukturen wie Ringe, die als Grundlage für weitere Reaktionen dienen. Zudem erlaubt die Kettenverzweigung die Entstehung dreidimensionaler Strukturen, was den Weg hin zu festen Materialien ebnet. CeO2 spielt dabei eine Schlüsselrolle nicht nur zu Beginn des Prozesses, sondern auch bei der Stabilisierung der wachsenden Kohlenstoffstrukturen.

Zusammenfassung

Die neuesten Forschungsergebnisse, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurden und auch durch Unterstützung der Dr. Barbara Mez-Starck Stiftung entstanden sind, beleuchten die Rolle von CeO2 als Katalysator in der Reduktion von Kohlendioxid (CO2) und dessen Umwandlung in Hartkohlenstoff. Diese Erkenntnisse zeigen, dass CeO2 hauptsächlich als Anker für die anfängliche Adsorption von CO2 dient. Interessanterweise wird die nachfolgende Reaktion – einschließlich der Oligo- und Polymerisationsschritte – weitgehend unabhängig vom Katalysator vollzogen. Dieser Mechanismus eröffnet neue Möglichkeiten für die Anwendung von CeO2 in der CO2-Reduktion und könnte zur Entwicklung verbesserter Katalysatoren führen. Die Forschung zeigt auch, dass die reiche Defektchemie von CeO2 ideale Voraussetzungen für die Adsorption von CO2 bietet, was einen entscheidenden ersten Schritt im Umwandlungsprozess darstellt.

Aufruf an die Forschung

Angesichts der potenziellen Bedeutung dieser Erkenntnisse für die Umwandlung von CO2 in nutzbare Produkte, besteht ein dringender Bedarf an weiterer Forschung. Ziel ist es, die Effizienz und praktische Anwendbarkeit dieser Prozesse zu verbessern. Die Fähigkeit, CO2 effektiv in wertvolle Ressourcen umzuwandeln, ist von zentraler Bedeutung im Kampf gegen den Klimawandel. Weitere Studien könnten nicht nur dazu beitragen, die atmosphärischen CO2-Niveaus zu senken, sondern auch innovative Materialien für industrielle Anwendungen zu entwickeln. Diese Forschung steht am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung in der CO2-Reduktionstechnologie, die das Potenzial hat, sowohl die Umwelt zu entlasten als auch neue Pfade in der Materialwissenschaft zu eröffnen.

 

Author: Lasse S. Martinsen